Impressumspflicht für private Homepages?Johannes RöhneltNeues TMG und neuer RStV Am 1. März 2007 haben das neue Telemediengesetz (TMG) und der 9. Rundfunkstaatsvertrag (RStV) das bisherige Teledienstgesetz (TDG) und den Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) abgelöst. Nach wie vor unklar ist, in welchen Fällen hiernach auch private Websites einer Impressumspflicht unterliegen. Zunächst sah es so aus, als müssten nach Par 5 TMG nur die in der Regel gegen Entgelt angebotenen Telemedien ein Impressum aufweisen. Aber dann kam Par 55 RStV ins Spiel, der nur die ausschließlich persönlichen oder familiären Seiten Internetseiten hiervon befreit.
(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: 1. den Namen und die ladungsfähige Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten ... ...usw ...
(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(1) Anbieter von Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, haben folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: 1. Namen und Anschrift sowie 2. bei juristischen Personen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten. (2) Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell ... usw ... http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie-und-Innovation/Informationsgesellschaft/medienrecht.html Ich hatte mir eine Lösung erhofft, nach der auch für über den rein persönlichen Bereich hinausgehende Hobby-Seiten auf die Angabe der Anschrift mit Straße und Hausnummer verzichtet werden kann - ähnlich wie in Österreich. Privatadressen gehören nicht ins Internet. Die Verfasser des Rundfunkstaatsvertrags haben offenbar nicht erkannt, dass ein offenes Verzeichnis von Privatanschriften weniger dem Schutzmann als dem Ede dient. Zitate Zu den alten Vorschriften (TDG un MDStV):
"Das "Wie" der Anbieterkennzeichnung gemäß Par 6 TDG" von Thomas Woitke in NJW 2003, Heft 12: "Anhand der Definition von "geschäftsmäßig" würde die Kennzeichnungspflicht auch für rein private, jedoch nachhaltige Homepages - die z. B. das Hobby des Anbieters vorstellen - gelten. Es war allerdings nicht das Ziel des Gesetzgebers solche Angebote der Kennzeichnungspflicht zu unterwerfen. Vielmehr steht die Verpflichtung zur erweiterten Anbieterkennzeichnung im Zusammenhang mit der Regelung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Daher sind rein private Homepages ohne jeglichen geschäftlichen Bezug von der Pflicht zur Anbieterkennzeichnung im Wege der einschränkenden teleologischen Auslegung des Par 6 TDG auszunehmen, was im Hinblick auf dessen vornehmlich verbraucherschützende Intention als unbedenklich erscheint."
http://www.telemedien-und-recht.de/#a12 : "Spätestens hier offenbart sich auch dem letzten Betrachter wie unausgereift und widersprüchlich die gesamte Reform ist. Denn absolut unklar ist, in welchem Verhältnis Par 5 TMG und Par 55 RfStV zueinander stehen. Zwar gibt die Gesetzesbegründung an, dass das TMG die "wirtschaftsbezogenen Bestimmungen" regeln will. Heißt dies nun, dass für ein und dasselbe Medium unterschiedliche Impressumsregelungen gelten?" Erster Beitrag In meinem ersten Beitrag im Usenet zum Thema "Impressum" (Datum:2000-11-28) hatte ich schon einmal das private Interesse angesprochen:
In einem der ersten Artikel, den ich einer Internet-Zeitschrift über Chat-Rooms las, hieß es: "Auf keinen Fall in Chat-Rooms die private Anschrift angeben!" Den gleichen Tipp fand ich auch in einem Artikel zum Thema Cyber-Stalking in meiner Tageszeitung. Und bei MSN Spaces lautete noch bis vor kurzem "ein kleiner Tipp zu Ihrer Sicherheit: Denken Sie beim Erstellen Ihres persönlichen Space daran, dass alles, was Sie darin veröffentlichen, von den Personen verwendet werden kann, die sich Ihren Space ansehen können. Sie sollten niemals personenbezogene Informationen auf Ihrem Space veröffentlichen, z. B. Ihre Adresse, Telefonnummer, Personalausweisnummer oder Kreditkartendaten. Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit Ihrem Space!" Und dann liest man immer wieder, dass wegen der unklaren Vorschriften vorsichtshalber (!) - um Abmahnungen zu vermeiden - auch auf jeder privaten Homepage ein Impressum mit Anschrift gestellt werden sollte. In diesem Sinne hier noch einmal meine Email zum ersten Entwurf des neuen TMG. Bannerwerbung Zur Frage, ob durch Bannerwerbung eine ansonsten nicht impressumspflichtige Homepage zu einer impressumspflichtigen wird, siehe z. B. "Markenrecht im Internet" von Thomas Ubber:
Siehe außerdem http://www.heise.de/newsticker/meldung/103651. Anschrift mit Postfach-Adresse? Warum reicht eine Adresse mit Name, Postleitzahl, Ort und Postfach nicht aus? Es geht vielen doch nur darum, die Privatanschrift, die mit Familienangehörigen geteilt wird, nicht offen legen zu müssen. Eine Postfachadresse ist keine ladungsfähige Anschrift i.S.v. Par 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V.m Par 130 Nr.1 ZPO (aus W. Brunst: "Umsetzungsprobleme der Impressumspflicht bei Webangeboten" in MMR 1/2004). Vgl. auch: http://www.denic.de/media/pdf/dokumente/datenschutzbericht2000.pdf, Nr. 9.3 Es gibt aber offenbar auch Fälle, in denen Nutzer sich mit einer Postfachanschrift begnügen müssen. Den folgenden Hinweis fand ich auf einer Seite, die leider nicht mehr Online steht:
Impressum bei Druckwerken In Diskussionen über die Anbieterkennzeichnungspflicht bei privaten Homepages wird oft als Argument angeführt, dass ja auch jedes Druckwerk ein Impressum aufweisen muss. Das ist so nicht richtig. Wenn ein Fotograf mit einem Flyer in der Fußgängerzone auf seine nächste Fotoausstellung (z. B. im Foyer des Rathauses) hinweist, dann muss dieser Flyer kein Impressum aufweisen. Solche Werbedrucksachen sind keine Druckwerke im Sinne der Pressegesetze, siehe http://www.presserecht.de.
Blog-Dienste Durch einen zwischengeschalteten Blog-Dienst, bei dem Internet-Seiten wie bei www.wikipedia.de selbstständig eingestellt und bearbeitet werden können, lässt sich die Impressumspflicht praktisch aushebeln. Wenn ich z. B. meine Internetseite zum Thema Bildrecht bei der Wikipedia einstelle, reicht offenbar das dortige Impressum. Wikimedia Foundation Inc. 3911 Harrisburg St. NE St. Petersburg, FL 33703, USA E-Mail: jwales @ bomis . com Telefon: +1(310)474-3223 Die Verantwortung für den Inhalt, den die Betreiber der Wikipedia ja gar nicht kennen, liegt aber weiterhin bei mir bzw. denen, die die Texte ändern oder ergänzen. Oder sehe ich das falsch? Jemand, der einen Dienst der Form "www.serverbetreiber.de/meineseiten" nutzt, macht offenbar nichts falsch, wenn er auf "seinenseiten" kein eigenes Impressum angibt. Von mir stehen Fotos im Internet unter http://www.fotocommunity.de/pc/pc/mypics/31936. Ich habe dort kein Impressum. Das Recht auf Anonymität In den Diskussionen über die Impressumspflicht für private Homepages wird mitunter das Recht auf Anonymität bei öffentlichen Äußerungen in Frage gestellt. Das Recht auf Anonymität gehört zu den "grundlegenden Prinzipien einer freiheitlichen Kommunikationsverfassung. Es beinhaltet die Entscheidungsbefugnis des Einzelnen gegenüber anderen ohne Nennung des eigenen Namens aufzutreten und zu kommunizieren" (aus Johann Bizer "Das Recht auf Anonymität in der Zange gesetzlicher Identifizierungspflichten" in Bäumler/Mutius (Hrsg.): "Anonymität im Internet - Grundlagen, Methoden und Tools zur Realisierung eines Grundrechts"). Das Recht auf Anonymität ist Bestandteil des "Allgemeinen Persönlichkeitsrechts", das als unbenanntes Freiheitsrecht aus dem Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet wird. Jeder darf in Foren des Internets anonym oder unter einem Pseudonym veröffentlichen. Das ist nicht unseriös und es gibt sogar gutgemeinte Ratschläge, in bestimmten Diskussionsrunden den richtigen Namen nicht zu nennen. Das Recht auf Anonymität findet jedoch Grenzen in allgemeinen Gesetzen. So ist zum Beispiel das Recht, im Wirtschaftsverkehr anonym aufzutreten, auf die Verbraucher beschränkt. Die Impressumspflicht nach dem Telemediengesetz ist hierfür ein Beispiel. Wer seine Homepage als geschäftsmäßigen Mediendienst nutzt, muss die Impressumspflicht beachten. Wer seine Homepage dagegen rein privat betreibt, muss gar nichts angeben (weder Name noch Anschrift, weder Email-Adresse noch Telefon- oder Faxnummer). Es wird oft die Frage gestellt, warum der Gesetzgeber nicht klar gesagt hat, dass auf jede Homepage ein Impressum gehört. Wahrscheinlich wären die Vorschriften in diesem (hypothetischen) Fall verfassungswidrig, weil sie dann den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet hätten. Aber keine Angst, die Vorschriften sind ja zum Glück unklar ;-). Die Whois-Datenbank der DENIC Bei der Anmeldung von de-Domainen der Form "www.wunschname.de" werden die Postanschriften der Inhaber mit Name, Wohnort, Straße, Hausnummer in der Whois-Datenbank der DENIC eG gespeichert. Die Daten können über das Internet unter www.denic.de abgerufen werden.
Zur weiteren datenschutzrechtlichen Beurteilung siehe auch das folgende Zitat aus dem o.a. Bericht:
Was tun die Aufsichtsbehörden? Die zuständige Aufsichtsbehörde für die Überwachung der Telemedien in Nordrhein-Westfalen ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Die Beamten dort sehen das - wie ich aus einem Telefongespräch weiß - genauso wie die in Bayern. Siehe hierzu auch das folgende Zitat aus http://www.affiliate.de/ansbach.htm:
Wenn man dies und darüberhinaus bedenkt, dass privaten Homepagebtreibern auch keine wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen drohen, ist der Rat "Gibt vorsichtshalber deine Anschrift im Impressum an" nicht mehr wert als der Rat "Schließ besser dein Fahrrad nicht ab, du könntest ja den Schlüssel verlieren." Johannes Röhnelt www.schmunzelkunst.de Impressum/Datenschutz Letzte Änderung: 19.05.2008 |